„Leben ohne Einschränkungen:
Moderne, barrierefreie Räume, die
Unterstützung, Sicherheit und Gemeinschaft bieten.“
Die Zukunft des Wohnens liegt im hessischen Rödermark, wenige Kilometer südlich von Frankfurt. Dort liefert ein barrierefrei gebautes Mietshaus für 28 Parteien jeden Tag Antworten auf die wachsenden Herausforderung, wie sowohl ältere Menschen als auch Menschen mit mobilen Einschränkungen einen schönen, zufriedenen und selbstbestimmten Alltag leben können – und wie ganz nebenbei Gesundheits- und Pflegesystem entlastet werden. Hinter dem innovativen Konzept stehen Beate Merlot und Jessica Köhler mit ihrem Social Start-up Liberty – Wohnen ohne Grenzen. Im Gespräch erklären die Gründerinnen, warum ihr Ansatz des Assistierten Wohnens ein universeller Problemlöser ist, wie genau der Alltag in Rödermark aussieht und wie sie die Idee dieser neuen Asset-Klasse in die Zukunft tragen wollen.
BM Das ist richtig. Die Mieten sind ein wenig teurer als die normalen Mieten. Wir orientieren uns am Mietspiegel, ungefähr 20 Prozent kommen dann hinzu, weil wir Extras wie die sogenannten Liberty-Standards anbieten. Dazu gehören die hohe Barrierefreiheit, die höhenverstellbaren Küchen und die beiden Arten der Assistenz – eine technische und eine persönliche. Klar, das kann sich nicht jeder leisten, aber doch sehr viele. Und man muss ja auch immer den Vergleich anstellen: Wie teuer ist eigentlich betreutes Wohnen? Wie teuer ist das Heim? Und was habe ich dort – vor allem an weichen, menschlichen Faktoren – nicht? So betrachtet sind wir dann deutlich günstiger. Zudem zahlt man beim betreuten Wohnen Dinge, die man vielleicht gar nicht in Anspruch nimmt wie den Friseur im Haus, die Bowlingbahn im Haus, das Restaurant im Haus. Dort wird alles eingepreist.
JK Während wir uns hier sogar noch fragen: Muss der Gärtner wirklich so teuer sein? Finden wir vielleicht einen günstigeren Energieanbieter? Wir haben immer den Mieter und den Endpreis im Blick. Denn der Mieter muss ihn schließlich bezahlen und nicht der Staat oder eine Krankenkasse.
JK Nicht nur deswegen. Im Moment haben besonders die großen Immobilienentwickler ein riesiges Problem, da sie ihre Eigentumswohnungen nicht mehr realisieren können. Die Baukosten sind so hoch, die Zinsen so angestiegen, dass ihnen die Käufer weggebrochen sind. In dieser Situation können wir eine Lösung anbieten.
JK Ja klar! Termin vereinbaren und kommen! Je mehr Mitstreiter wir haben, die nach unserem Konzept arbeiten, umso besser! Alle Teilnehmer der Branche sollten an einem Strang ziehen, dann bekommen wir den Karren der Pflege auch wieder auf die Straße.
BM Es gibt spezielle Unternehmensberatungen für Seniorenimmobilien, die verstärkt auf die Politik setzen. Von dieser Seite hören wir oft, dass die Politik Vorschriften aufstellen muss, dass die Fachkraftquote runter muss, dass Künstliche Intelligenz eingesetzt werden muss. Wir setzen eher auf Selbsthilfe! Unser Konzept unterliegt keinerlei Kontrollen oder Richtlinien. Meiner Meinung nach sollten alle Betreiber mehr zusammen arbeiten als gegeneinander. Auch in Sachen Personal. Nicht selten jagen sich ja Betreiber gegenseitig die wenigen Fachkräfte ab oder reisen ins Ausland, um dort nach Personal zu suchen – und vergessen dabei, dass für die Fachkräfte in Deutschland inzwischen die Wohnungen fehlen. Trotzdem plant man in diesen alten Strukturen weiter. Ich ziehe da immer das plastische Bild einer Produktion heran, in der Autos gebaut werden, obwohl die Räder fehlen. Wir sollten das ganze Thema mal neu denken und dabei nur die Ressourcen mit einbeziehen, auf die wir wirklich zurückgreifen können. Was haben wir denn? Wir haben viele empathische Menschen, die keine Fachkräfte sind, die sich aber als Assistenten einbringen könnten in solche Konzepte. Das soll aber kein Ehrenamt sein, sondern muss honoriert und bezahlt werden.
BM Ideal wäre einen großer Arbeitgeber. Zum Beispiel eine Versicherung. Solch ein Unternehmen würde gleich an verschiedenen Punkten profitieren. Es könnte diese Immobilie bauen und die Wohnungen vermieten; die Wohnungen kann er seinen Mitarbeitern bereitstellen, die in Rente gehen; es kann sie aber auch für die Eltern der Mitarbeiter bereitstellen, die betreut oder gepflegt werden müssen und dafür in der Nähe der Mitarbeiter sein müssen; das Unternehmen hätte dadurch weniger Ausfallzeiten seiner Mitarbeiter; die Unternehmenskita kennen wir ja bereits, jetzt benötigen wir Produkte für die zu pflegenden Angehörigen; diese Sozialleistung könnte die Firma in die Arbeitsverträge hineinschreiben und gleichzeitig als ESG-Engagement deklarieren.Ich könnte mir auch neue Versicherungsprodukte vorstellen, die Familien von zu pflegenden Angehörigen entlasten und dann in unsere Produkte refinanziert werden könnten.
JK Wir haben Gott sei Dank einen Investor überzeugen können, der das Problem verstanden und in uns investiert hat. Wir wollten zuerst nur seine Expertise darüber, ob unsere Kalkulationen ausreichen für Investoren, ob die Rendite interessant ist. Dieser Investor fand die Idee aber so toll, dass er selbst das Startkapital gab und uns einen Termin mit seiner Bank machte. Plötzlich war der Knoten durchschlagen. Die Bank hat es nicht bereut, und auch der Investor hat seine Zinsen auf das Mezzalin-Kapital erhalten. Innerhalb eines Jahres haben wir das Haus hingestellt. Es ist super gelaufen. Die Liste der interessierten Bewohner wächst und wächst, und es tut uns von Herzen leid, wenn wir bei dringenden Fällen Absagen geben müssen.
JK Auf jeden Fall. Häuser wie unseres werden überall gebraucht. Wir würden sie aber in jedem Fall nicht größer machen. Wir planen mit 2500 Quadratmetern vermietbarer Fläche. Bei 28 Wohnungen mit einem Rangierradius von 1,50 Meter für die Rollstühle sind wir da schon sehr großzügig. Man könnte höchstens 35 Wohnungen daraus machen, mehr nicht. Denn wir wollen auch gewährleisten, dass weiterhin jeder jeden kennt, dessen Interessen und dessen Marotten, dadurch entsteht das Wir-Gefühl.
BM Wir müssen aber auch erkennen, dass wir nicht mehr in der Zeit des Wünsch-dir-was leben, wo man jedes Grundstück mal eben günstig kaufen und teuer bebauen kann. Wir müssen auch schauen, was bereits an Gebäuden vorhanden ist und diese an unser Konzept anpassen. Warum nicht im Frankfurter Bankenviertel eine leerstehende Etage in unserem Sinne umbauen oder einen alten Bauernhof auf dem Land? Ein guter Projektentwickler macht etwas aus allem, was er vorfindet. Jetzt ist nicht nur die Zeit der Mutigen, sondern auch die der Kreativen.
Wir freuen uns auf Anfragen von potenziellen Kooperationspartnern, die genau wie wir ihre Produkt- und Marktorientierung um die Gesellschaftsorientierung erweitern möchten, um damit auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein, in dem Bewusstsein, dass in Zukunft Wirtschaftskraft aus kultureller, moralischer und ästhetischer Kraft entsteht.
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